Der Herbst ist nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) die Zeit, in der die Lungenenergie aktiviert wird. Diese Phase dauert normalerweise von Ende August bis Mitte November. Der Herbst bringt kalte und trockene Luft, was sich auf die Lunge und den Dickdarm auswirkt – beide Organe sind laut TCM mit dem Metallelement verbunden, das für Klarheit, Reinheit und Ordnung steht.
Die Lunge und ihre Funktion
Die Lunge spielt eine zentrale Rolle bei der Atmung und der Versorgung des Körpers mit Sauerstoff. Sie reguliert auch die Feuchtigkeit und den Flüssigkeitskreislauf im Körper. Sie ist verantwortlich für das sogenannte "Abwehr-Qi" (Wei Qi), das den Körper vor äußeren Einflüssen wie Kälte und Wind schützt. Wenn die Lunge stark ist, sind wir widerstandsfähiger gegen Erkältungen und andere Atemwegserkrankungen.
Neben der Lunge ist im Herbst auch der Dickdarm wichtig. Er spielt eine bedeutende Rolle bei der Ausscheidung von Abfallstoffen aus dem Körper und ist verantwortlich für die Wasseraufnahme. Wenn Lunge und Dickdarm nicht im Einklang arbeiten, kann es zu trockener Haut, Verstopfung oder häufigen Erkältungen kommen.
Das Metallelement und der Herbst
Das Metallelement ist laut TCM mit dem Herbst verbunden, da es für Übergang, Ordnung und Abschluss steht. In dieser Jahreszeit verliert die Natur ihre Blätter, das Wetter wird kühler und trockener, was Raum für Reflexion und innere Ruhe schafft. Auf emotionaler Ebene ist diese Zeit mit Trauer und Melancholie verbunden. Es ist wichtig, Gefühle frei zu lassen und nicht zu unterdrücken, da dies die Lungengesundheit beeinträchtigen kann.
Lebensmittel, die die Lunge schwächen: kalte Speisen und Getränke, Milchprodukte, süße Speisen, fettige und frittierte Speisen. Diese fördern die Schleimbildung, belasten die Lunge und schwächen die körpereigenen Abwehrkräfte.
Lebensmittel, die die Lunge stärken: Sesam, Kohl, Hirse, Bohnen, grüne Bohnen, Steckrübe, Erbsen, Mangold, Spinat, Blumenkohl, Tofu, Kürbis. Diese Lebensmittel helfen, die Lungenenergie zu stabilisieren, die Atemwege zu befeuchten und den Körper zu stärken, besonders im Herbst, wenn starke Lungen entscheidend für das allgemeine Wohlbefinden und die Immunabwehr sind.
Inhalation mit heißem Dampf ist eine einfache und wirkungsvolle Methode zur Reinigung der Atemwege, besonders in der kalten Jahreszeit, wenn die Lunge empfindlicher ist und trockene Luft das Atmen erschwert. Der warme Dampf hilft, die Schleimhäute zu befeuchten, Schleim zu lösen und die Atemwege zu beruhigen.
Anleitung: Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen. Dann 3 Esslöffel Salz hinzufügen, gut umrühren und den Topf auf eine stabile Oberfläche stellen. Mit Deckel kurz ruhen lassen, dann öffnen und einige Minuten abkühlen lassen. Wenn der Dampf angenehm ist, vor dem Topf sitzen, leicht darüber beugen (nicht zu nah) und mit einem großen Handtuch oder einer Decke den Kopf bedecken. Zuerst seitlich inhalieren, dann langsam das Gesicht nähern. Langsam durch die Nase einatmen und durch den Mund ausatmen. Die Inhalation dauert bis zu 20 Minuten oder solange, bis der Dampf abkühlt.
Achtung: kein zu heißer Dampf einatmen – das kann die Atemwege reizen oder verbrennen. Diese Technik ist ideal bei Erkältung, trockenen Schleimhäuten oder zur Stärkung der Lungenfunktion. Auch als Vorbeugung in trockener oder erkältungsreicher Zeit ist sie sehr hilfreich.
Salzdampfinhalation ist ein natürlicher Weg, um die Atemwege frei zu halten und die Lungengesundheit zu fördern.
Die Neti-Kanne ist ein ayurvedisches Hilfsmittel zur Nasenspülung. Mit ihr lassen sich Schleim, Staub, Allergene und Krankheitserreger aus Nase und Nebenhöhlen sanft entfernen. Die regelmäßige Anwendung erleichtert das Atmen, lindert verstopfte Nasen und beugt Atemwegserkrankungen vor.
Zubereitung: 1/2 Teelöffel Meersalz oder Himalayasalz in 2–3 dl abgekochtem, warmem Wasser auflösen. Die Lösung sollte angenehm warm, aber nicht heiß sein.
Anwendung: über das Waschbecken beugen, den Kopf leicht zur Seite drehen und den Mund offen lassen. Die Spitze der Neti-Kanne vorsichtig in das obere Nasenloch einführen und das Wasser langsam einfließen lassen, bis es durch das untere Nasenloch abfließt. Dann auf der anderen Seite wiederholen. Anschließend die Nase sanft ausschnauben, um Wasserreste zu entfernen.
Vorteile: Die Neti-Spülung sorgt für freie Nasengänge, lindert Sinusbeschwerden, Allergiesymptome, Erkältungen und unterstützt das gesamte Atemsystem. Besonders hilfreich ist sie im Herbst und Winter oder bei trockener oder belasteter Luft.
Sicherheitshinweise: immer abgekochtes oder sterilisiertes Wasser verwenden, auf das richtige Mischverhältnis achten und die Kanne nach Gebrauch gründlich reinigen.
Regelmäßiges Nasenspülen mit der Neti-Kanne stärkt die Atemwege, unterstützt die Abwehrkräfte und sorgt für klareres, freieres Atmen.
Atemtechniken sind eine äußerst wirkungsvolle Methode zur Stärkung der Lunge und zur Unterstützung des Atemsystems, insbesondere im Herbst, wenn laut Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) die Lunge besonders aktiv und empfindlich ist. Richtiges Atmen verbessert die Lungenkapazität, harmonisiert den Energiefluss (Qi) und fördert die körpereigene Abwehrkraft. Geübt wird im Sitzen oder Liegen, stets mit einer aufrechten Wirbelsäule, um den freien Atemfluss zu ermöglichen.
1. Atmen mit aufgerichteter Wirbelsäule
Setze dich auf ein Meditationskissen (Zafu) oder einen Stuhl. Halte die Wirbelsäule aufrecht, die Schultern entspannt und die Hände auf den Knien oder dem Bauch. Atme langsam durch die Nase ein, zähle bis vier und fülle die Lunge vollständig. Halte den Atem kurz an, dann atme langsam durch die Nase aus, zähle bis sechs. Wiederhole für 5–10 Minuten und konzentriere dich auf den gleichmäßigen Atemfluss sowie auf das Ausdehnen und Zusammenziehen der Lunge. Diese Technik verbessert die Atemleistung und wirkt gleichzeitig beruhigend.
2. Entspanntes Bauchatmen (sitzende Pranayama)
Setze dich mit gekreuzten Beinen oder im Lotussitz bequem auf ein Meditationskissen, das hilft, die Hüften leicht zu heben und die Wirbelsäule aufrecht zu halten. Die Hände liegen im Schoß, Daumen und Zeigefinger berühren sich, die Handflächen zeigen nach oben. Atme durch die Nase ein und spüre, wie sich der untere Bauch ausdehnt. Stelle dir vor, der Atem fließt nach unten zum Nabel. Atme langsam durch die Nase aus, während sich der Bauch zur Wirbelsäule hin zurückzieht. Übe 10–15 Minuten lang, mit Fokus auf den vollen Atem. Diese Praxis öffnet die Atemwege, beruhigt das Nervensystem und balanciert die Lungenenergie.
3. Liegende Pranayama mit Unterstützung
Für tieferes Atmen lege dich auf den Rücken, mit einer Pranayama-Rolle, die längs unter der Wirbelsäule liegt. Der Kopf ist leicht erhöht, Arme entspannt neben dem Körper, Handflächen nach oben. Schließe die Augen und atme ruhig und natürlich. Diese Haltung fördert die Brustöffnung, aktiviert das obere Lungenvolumen, unterstützt die Energiezirkulation und löst Spannungen im Brustbereich. Ideal für Regeneration, Atemvertiefung und sanfte Stärkung des Atemsystems.
Mit regelmäßiger Anwendung dieser Atemtechniken, unterstützt durch ein Meditationskissen oder eine Pranayama-Rolle, stärkst du deine Lungenfunktion, Immunkraft und deine Lebensenergie in der kalten Jahreszeit.
Im Herbst lehrt uns die Natur das Loslassen. So wie die Bäume ihre Blätter fallen lassen, sind auch wir eingeladen, Körper und Atem zu erlauben, Überflüssiges loszulassen – Spannungen, Toxine, übermäßige Gedanken. In traditionellen Systemen wie dem Yoga und der Naturheilkunde sind die Lungen eng mit dem Gefühl von Weite, Hingabe und Verletzlichkeit verbunden. Sie sind nicht nur Organe des Atmens, sondern auch des emotionalen Verarbeitens – insbesondere von Trauer, der Öffnung zum Leben und der Rückverbindung mit uns selbst durch den Atem.
Deshalb ist der Herbst eine ideale Zeit für eine sanfte Pranayama-Praxis, nährende Ernährung, wärmende Rituale und Hilfsmittel, die eine natürliche Haltung und Atmung unterstützen – sei es ein Meditationskissen, eine Pranayama-Rolle, oder einfach ein paar Minuten in Stille mit bewusster Aufmerksamkeit auf Ein- und Ausatmung.
Wenn wir unsere Lungen pflegen, pflegen wir unsere Verbindung zum Leben. Der Atem ist die Brücke zwischen Körper und Bewusstsein – und jede Jahreszeit schenkt uns eine neue Gelegenheit, uns wieder mit ihm zu verwurzeln.